Schutzrechte: Wie Startups das Thema für sich nutzen können

Dr. Loretta Huszák, Dozentin aus Budapest, ist Expertin für das Thema Schutzrechte.
Sie nutzt ERASMUS+ zu einem zweiwöchigen Austausch mit Kollegen_innen bei UniKasselTransfer.
Ich habe mit ihr über die Bedeutung einer IP-Strategie für Startups gesprochen, also über das Management von geistigem Eigentum (Marken, Patente, Know-how etc.).

Sie beschäftigen sich u.a. mit der Bedeutung von IP für Startups. Wieso sollten Gründer_innen sich mit dem Thema beschäftigen? Wie können sie das Thema für sich nutzen?

Ich habe volles Verständnis dafür, dass in der Startphase viel auf der To Do-Liste eines Gründers steht.
Der Schutz des eigenen geistigen Eigentums wird daher gerne auf später verschoben. Allerdings sollte es jedem Gründer bewusst sein, dass sich viele Fehler oder Nachlässigkeiten beim IP nachträglich gar nicht oder nur unter hohem Aufwand und Kosten korrigieren lassen.

Von einem schlechten IP-Management ist ferner auch kein Investor begeistert. Daher lautet mein allererster Ratschlag, offen gegenüber IP-bezogenen Themen zu sein, und bewusst nach zuverlässigen Informationen zu suchen. Die Liste der möglichen Tipps und Praktiken ist lang:

Eine technische Prior Art-Recherche („Stand der Technik“) hilft zum Beispiel, sich zu vergewissern, dass die Technologie, die man anwenden will, wirklich neu ist.  Startups sollten sicher sein, das sie keine Schutzrechte anderer verletzen. Bei der Recherche sehen sie aber auch, wer die (überregionalen) Konkurrenten sind, wie ihre Wettbewerbsstrategie aussieht etc. Ähnlich sieht es auch aus, wenn es um das Marketing geht: Logos, Werbeslogans, geschützte Bildelemente, das Design zeugen von der Marketingstrategie eines Unternehmens. Verletzen sollte man bereits erteilte Schutzrechte nicht, aber lernen kann man enorm viel aus diesen Informationen.

Vielen Unternehmern ist es nicht klar: wenn durch Ähnlichkeit Verwechselungsgefahr mit einer älteren Marke oder einem Design besteht, kann der Inhaber der älteren Marke oder des Designs Widerspruch gegen die neuere Marke/Design einlegen oder den Unternehmer abmahnen. Im schlimmsten Fall hat das zur Konsequenz, dass man alle Marketingelemente, inkl. Firmenname wenn es so kommt, neu entwerfen muss.

Was ich meinen Studierenden und den jungen Gründern, die ich berate, immer sage: Lasst Euch durch die Komplexität des Themas nicht abschrecken! IP macht Euer Startup besonders und innovativ! Lernt die Möglichkeiten zum Schutz Eurer IP zuerst mal kennen, und macht dann Stück für Stück Gebrauch daraus. Methodische Ansätze wie z.B. die Lean Canvas Methode mit Fokus darauf, wo die Einzigartigkeit in einer Geschäftsidee steckt, sind da sehr hilfreich.

Sie sind mit ERASMUS+ nach Kassel gekommen. Würden Sie das Programm kurz beschreiben? Wer kann ERASMUS+ nutzen?

Das ERASMUS-Programm fördert Gastdozenten an Erasmus+ Partnerhochschulen. Meine ungarische Hochschule und die Uni Kassel sind Partnerinstitute im Erasmus-Netzwerk, d.h. die Austauschmöglichkeit besteht sowohl für Dozenten als auch für Studierende.
Ich war praktisch zwei Wochen lang in Hessen, vorwiegend in Kassel. Ich konnte aber auch Veranstaltungen z.B. in Darmstadt besuchen. Das ist ungefähr die Durchschnittslänge.
Vorwiegend geht es bei Erasmus um die Kooperation auf der Ebene der Lehre. Aus diesem Grund habe ich bei mehreren Lehrveranstaltungen hospitiert, und selber auch einen wissenschaftlichen Vortrag gehalten. Durch den Aufenthalt entstehen aber auch andere Möglichkeiten für Kooperation.
Zu den Voraussetzungen: Soweit ich weiß, können nicht nur Professoren oder Dozenten, sondern auch Lehrbeauftrage mit Werkverträgen oder wissenschaftliche Mitarbeiter am Erasmus Austauschprogramm teilnehmen. Voraussetzung ist, dass man den Aufenthalt selbständig organisiert, von der ersten Kontaktaufnahme bis hin zum Abschlussbericht. Administrative Unterstützung ist eher begrenzt möglich, ist aber auch nicht unbedingt nötig, weil der administrative Aufwand recht niedrig ist.

Wem würden Sie das Programm empfehlen? Würden Sie auch anderen Wissenschaftlern raten, einen Auslandsaufenthalt über ERASMUS+ zu machen?

Erasmus ist eine hervorragende Kooperationsmöglichkeit. Wie bereits erwähnt, der Administrationsaufwand ist relativ niedrig. Man kann unkompliziert eigene Erfahrungen darüber sammeln, wie an anderen Hochschulen methodisch unterrichtet wird, wo die Schwerpunkte liegen, wie die themenspezifischen und methodischen Erfahrungen sind etc. Natürlich ergeben sich aus den Kontakten auch Möglichkeiten für Kooperationen anderer Art, wie z.B. gemeinsame Veröffentlichungen, oder Beteiligung an Ausschreibungen etc. Eins ist dabei wichtig zu bedenken: Eigeninitiativen und ein hohes Maß an Engagement werden abverlangt!

Herzlichen Dank!

Zur Person:
Loretta Huszák ist Ungarin und arbeitet als Dozentin an der IBS International Business School in Budapest. Vor ihrer aktuellen Tätigkeit leitete sie einige Jahre lang die Bildungsabteilung beim Ungarischen Amt des geistigen Eigentums. Zu ihren Aufgaben gehörte die inhaltliche und administrative Betreuung von themenspezifischen Weiterbildungskursen des Amtes. Dort wurden öffentliche Kurse in unterschiedlicher Länge zum Schutz des geistigen Eigentums (Intellectual Property, IP) angeboten. Das umfangreichste Training dauert z.B. zwei Jahre, hatte einen Umfang von ca. 280 Unterrichtsstunden. Gleichzeitig wurden auch Kurse an ungarischen Unis angeboten. Aus dieser Tätigkeit stammt Loretta Huszáks umfangreiches Wissen über den Schutz des geistigen Eigentums. Zuvor hat sie in Leipzig promoviert und war zwei Jahre lang Geschäftsführerin des dortigen KOMOEL Kompetenzzentrums Mittel- und Osteuropa Leipzig. In dieser Zeit hatte sie schon Kontakt zum Ost-West-Wissenschaftszentrum der Universität Kassel.
Ihr aktueller Schwerpunkt in der Lehre und als Wissenschaftlerin liegt auf der Förderung des unternehmerischen Denkens und Handels von Studierenden. Sie unterrichtet u.a. die Kurse Entrepreneurship und Strategic Management.

Hier geht es zum Beitrag “Erasmus für Jungunternehmer” – Erfahrungsaustausch zwischen deutschen Startups und erfahrenen Unternehmer*innen im Ausland.

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