“Paul Wind” – Crowdfunding-Kampagne um Debütalbum zu finanzieren

Ippolit, Absolvent der Kunsthochschule Kassel, hat im Frühjahr 2016 unter seinem Künstlernamen “Paul Wind” eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Mit dem Geld seiner Unterstützer wollte er die Produktion seines ersten Albums finanzieren. 

Insgesamt brauchte er dafür 5.000 Euro Fundingsumme. Ippolit bot seinen Unterstützern Dankeschöns wie signierte Noten zum Song, Album CDs, Wohnzimmerkonzerte und Live-Gigs an.

Im Beitrag erzählt er von den Schwierigkeiten als Einzelperson eine Crowdfunding-Kampagne zu starten und wieso man sich nicht scheuen sollte, Menschen um Unterstützung zu bitten. Er erzählt auch davon, wie es war, als er merkte, dass er sein Album nicht rechtzeitig fertigstellen konnte und wie seine Unterstützer reagierten.

Ich habe mir einen Redaktionsplan für die Laufzeit der Crowdfundingkampagne gemacht, das hat sehr gut funktioniert: Ich habe mir von Anfang an überlegt, wann ich was poste oder veröffentliche. Bestimmte Posts ergeben sich, wenn z.B. die Hälfte der Fundingsumme erreicht ist, aber viele andere Posts zwischendurch lassen sich gut vorbereiten, wie z.B. ein Gewinnspiel, das man schon vorab plant.

Viele Menschen haben Angst auf andere zuzugehen und sie zu bitten, etwas zu teilen oder zu liken. Macht das trotzdem! Denn wenn du es machst, reagieren die Menschen auch darauf. Ich habe das jetzt gemerkt, als das Album rausgekommen ist. Ich habe auf Instagram die Story vom Release-Tag in den Story-Highlights festgepinnt und ca. 30 Menschen haben diese Story am Release-Tag geteilt, nachdem ich sie gebeten habe, sie zu teilen.

Ich war komplett alleine: Ich habe die Grafik und die Texte gemacht, ich habe die Poster aufgehängt – eine Ein-Mann-Show. Ich war jeden Tag damit beschäftigt. Das war einen Monat lang mein Hauptprojekt. Ich habe das Video gemacht, den Kampagnentext geschrieben, mir Dankeschöns überlegt und viele ähnliche Musik-Projekte mit ähnlichem Bekanntheitsgrad angeschaut um die Funding-Summe festzulegen. Annika von UNIKAT-Crowdfunding hat mich dabei beraten und ich habe dann meine Fundingsumme auf 5.000 Euro festgelgt. Einen Teil davon, knapp über 1.000 Euro habe ich am Schluss selbst eingezahlt.

Ich hatte um die 1.000 facebook-Kontakte und habe meine Kampagnen überwiegend über facebook und Instagram geplant. Dort und auf meinem Startnext-Blog habe ich regelmäßig gepostet. Außerdem gab es einen großen HNA-Artikel und Beiträge bei YOU FM und anderen Sendern. Außerdem habe ich Plakate und Flyer gedruckt und verteilt. 

Jeder, den ich in Kassel kenne, kannte meine Kampagne und hat mich darauf angesprochen. Ich habe alle genervt und gebeten, die Kampagne bekannt zu machen. Auch auf dem HoPla (Anm: Holländischen Platz am Campus der Uni Kassel) hatte ich alles plakatiert. Es hat gefühlt jeder mitbekommen. 
Natürlich haben mich meine Familie und mein Freundeskreis unterstützt, aber es gab auch viele Unterstützer, die ich gar nicht zuordnen konnte und die ich nicht kannte. Das war sehr schön, auch von Menschen unterstützt zu werden, die nicht aus Kassel kamen und mich gar nicht kannten.

Die meisten Dankeschöns konnte ich kurz nach Kampagnenende liefern, wie z.B. ein privates Wohnzimmerkonzert oder ein Gig auf der UNIKAT-Preisverleihung. Die Produktion der CD hat viel länger gedauert. Zwischenzeitlich hatte ich überlegt, ob ich es schon mal als Download schicke, weil es am Ende einfach viele organisatorische Dinge gab, die noch viel Zeit brauchten.

Ich habe mir anfangs vorgestellt, dass ein halbes Jahr eine lange Zeit ist um ein Album zu produzieren. Aber ein halbes Jahr wäre realistisch gewesen, wenn ich nicht alleine gewesen wäre und noch nebenbei so viele andere Dinge gehabt hätte. Als ich merkte, dass ich nicht im versprochenen Zeitraum fertig werde, habe ich beschlossen, erstmal meinen Abschluss zu machen, weil ich Angst hatte, es parallel nicht zu schaffen.

Was mir geholfen hätte: Wenn ich die einzelnen Schritte genauer beleuchtet und detaillierter geplant hätte. “Alle Sachen ans Presswerk schicken”, ist ein Satz, aber dahinter stecken viele unterschiedliche Aufgaben, die viel Zeit in Anspruch nehmen: Grafiken erstellen, Testdrucke machen, GEMA-Anmeldung vorbereiten, überlegen, über welches Label ich veröffentliche, welche digitalen Stores ich auswähle …. das sind ganz viele Einzelschritte, die alle zusammenhängen und viel Zeit in Anspruch nehmen.

Ich hatte die ganze Zeit Schuldgefühle und konnte am Ende keine Musik mehr machen, bevor das Album raus war. Als ich dann ein Jahr im Verzug war, habe ich die Unterstützer auf dem Laufenden gehalten und versucht, transparent zu machen, wieso das Album noch nicht fertig ist. Ich habe im Dezember 2017 allen Unterstützern meinen Abschlussfilm “Lëxa” (www.lexafilm.de) zugeschickt, der noch nicht veröffentlicht war und mich entschuldigt, dass das Album noch nicht fertig geworden ist. Und niemand von denen, die mich angesprochen hatten, wo das Album bleibt, hat negativ reagiert. Niemand. Viele haben gefragt: Wie sieht es aus? Wie weit bist du? Ich habe es erklärt und alle hatten Verständnis und haben gesagt: “Kein Stress, mach, lass dir Zeit, mach einfach.” Das tat sehr gut.



Es war ein wahnsinnig gutes Gefühl als dann alles draussen war. Mir war wichtig, dass die Unterstützer, wenn sie das Paket aufmachen, nicht denken: Ach, da ist es ja endlich. Sie sollten merken, wie wichtig es mir ist, dass sie das Päckchen mit einem guten Gefühl öffnen. Ich habe jedem handschriftlich eine persönliche Karte geschrieben. Deswegen hat es den ganzen Tag gedauert. Obendrauf habe ich noch eine ältere CD gelegt und noch eine Postkarte. Die Unterstützer sollten sehen, dass es durch die lange Wartezeit doof gelaufen ist, aber das sie dafür noch eine kleine Aufmerksamkeit zusätzlich bekommen. Viele haben sich gefreut und mir ein Foto mit dem geöffneten Umschlag geschickt. Gerade durch den langen, steinigen Weg war es am Ende ein tolles Gefühl.

Bei einer schöpferischen Tätigkeit ist es immer schwierig zu sagen, wann etwas klappt und ob du einen Text schreiben kannst oder nicht. Als ich die Crowdfunding-Kampagne gestartet habe, waren die Songs nocht nicht fertig. Wenn du aber vorhast ein Album mit 12 Songs zu machen und du bei 7 Songs zu einem Punkt kommst, wo nichts mehr geht, dann kann das eine Weile dauern. Ich habe alleine für die Songs viel Zeit gebraucht und dann wollte ich die Fundingsumme für ein professionelles Mastering verwenden. Der Sound, den ich schon sehr professionell produziere, wird dabei bearbeitet, sodass er auf jeder Anlage gut klingt. Es gibt eine Handvoll Studios, die diese Produktionen im Bereich Hip Hop / Pop für fast alle relevanten Künstler in Deutschland machen.

Ich habe durch einen Freund den Kontakt zu Volker, einem professionellen Mastering Engineer vermittelt bekommen. Es war ein Traum mit jemandem wie ihm zu arbeiten. Seine Tipps haben dazu geführt, dass ich die gesamte Nachbearbeitung ,also den Mix, neu gemacht habe. Durch die stundenlangen Gespräche mit Volker und seine detaillgenauen Tipps wußte ich, was ich überarbeiten muss. Er selber hat total schnell gearbeitet. Als ich fertig war, habe ich ihm mein Album geschickt und nach zwei Wochen hat er es mir fertig gemastert zurückgeschickt. Es ging super schnell, aber der Schritt, um selber professioneller zu werden, hat extrem viel Zeit gekostet.

Wenn ich denn irgendwann nochmal eine Crowdfunding-Kampagne aufziehen sollte, würde ich mich und vor allem das Projekt besser vorbereiten. Wahrscheinlich würde das dann so aussehen, dass ich mit der Kampagne erst nach Fertigstellung des Projekts beginne, um am Tag der erfolgreichen Finanzierung direkt loslegen zu können.
Am Spirit und der Herangehensweise an sich würde ich nichts ändern, vielleicht optimieren – hat ja beim ersten mal auch geklappt! =)
Abschließend möchte ich mich bei allen Supportern nochmals bedanken – Danke!

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