Prof. Dr. Bernhard Sick ist Leiter des Fachgebietes Intelligente Eingebettete Systeme an der Universität Kassel. Sein Lehrstuhl im Fachbereich Elektrotechnik/Informatik entwickelt und erforscht innovative Techniken, die die „maschinelle Intelligenz“ von technischen Systemen erhöhen. Im Blogbeitrag erzählt er, weshalb sein Fachbereich hohes Ausgründungspotential bietet und wo er Anwendungsfelder für innovative Ideen sieht.
Mein Fachgebiet hat mehrere Forschungsschwerpunkte. In Themen der Grundlagenforschung geht es um technische Systeme, die mit Methoden des Maschinellen Lernens hochgradig eigenständig lernen, d.h. von Menschen weitgehend unabhängig. Dies können sie tun, indem sie beispielsweise voneinander lernen (also kollaborativ) oder indem sie aktiv Menschen wenige, ganz gezielte Fragen stellen. Dazu müssen sie sich auch selbst hinsichtlich ihrer eigenen Performanz bewerten können. In einem anderen Grundlagenbereich geht es um sehr schnelle Verarbeitung von Zeitreihen wie beispielsweise Sensorsignalen.
Der Fachbereich Elektrotechnik/Informatik bietet großes Ausgründungspotential für Absolventen. Das liegt zum einen an der hohen Dynamik des Gebiets, wo ständig neue, innovative Techniken entstehen. Zum anderen ist es insbesondere in der Informatik so, dass neue Ideen mit vergleichsweise wenig Kapitaleinsatz in relativ kurzer Zeit umgesetzt werden können. Ein Team von Top-Leuten, eine gute Idee, ein paar Rechner – das reicht oft schon. Heute muss man ja nicht mehr in einer Garage starten …
Vencortex, eine Ausgründung aus meinem Fachgebiet habe ich in der Startphase unterstützt, indem ich einen der Gründer, der an meinem Fachgebiet promoviert, ermöglicht habe, Arbeitszeiten teilweise zu reduzieren und flexibel zu gestalten. Aktuell sind wir soweit, dass wir gemeinsam Drittmittel zur Weiterentwicklung der Geschäftsidee beantragen. Zukünftig werden wir die Kooperation sicher noch weiter ausbauen. Auch mit enercast, einem Spinoff im Science Park, haben wir schon sehr erfolgreiche Projekte durchgeführt – unterstützt beispielsweise von der Hessen-Agentur oder dem BMWI. Darüber hinaus sind aktuell einige Anträge auf Drittmittelforschung in Vorbereitung bzw. in Begutachtung, über die ich noch keine Details verraten möchte.
Aus meiner sicher sehr persönlichen Sicht besteht noch enormes Ausgründungspotential darin, neueste Techniken der Künstlichen Intelligenz – heute versteht man diesen Begriff sehr viel breiter als noch beispielsweise vor zehn Jahren – in innovative Anwendungen zu bringen. Das Feld der Anwendungen ist wirklich sehr vielfältig und reicht von Anwendungen im Bereich Finanzdienstleistungen über Logistik, Mobilität, Produktion, Energiesysteme usw. bis in die Medizin. Unsere Methoden finden sich in Bereichen wie Verkehr und Automobil bei der Vorhersage des Verhaltens von Fußgängern als Voraussetzung für autonomes Fahren oder erneuerbare Energien und zukünftige Energiesysteme wie der Prognose der Leistung von Wind- und PV-Anlagen für den nächsten Tag, oder in Physik und Materialwissenschaften bei der Qualitätskontrolle. Vielleicht ist mein persönlicher Blick etwas technisch orientiert – ich bin selbst immer wieder überrascht, was alles möglich ist.
Aus der Erfahrung mit mehreren Gründerteams würde ich insbesondere die folgenden Tipps geben wollen: Erstens, bilden Sie ein interdisziplinäres Team von enthusiastischen Top-Leuten. Entweder gute Entwickler oder gute Verkäufer zu sein wird typischerweise nicht reichen. Zweitens, fokussieren Sie sich auf Geschäftsideen, wo sie potentiell viele Kunden haben (nicht nur einzelne Unternehmen), welche auch aufgeschlossen für Innovationen sind (also eher weniger konservative Branchen). Drittens, arbeiten Sie Ihre Ziele klar heraus und wollen Sie nicht zu viel auf einmal. Viel Erfolg!
Beitrag JAANA KISTNER. Der Beitrag erschien bereits im Newsletter des Science Park Kassel.
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